Tibet-Encyclopaedia

 

Tibetische Zeitmaße

Die in Tibet bekannten Zeitmaße bzw. Einheiten der Zeiteinteilung waren das das Weltzeitalter (dus-bzhi), die Zyklen von 60 und zwölf Jahren, das natürliche Jahr (lo), der Kalendermonat (zla ba), der natürliche Tag (zhag) und Tageszeit (dus-tshod). Daneben wurde noch eine komplizierte astronomische Zeiteinteilung verwendet.

Inhaltsverzeichnis

1. Die Zeiteinteilung des zivilen Kalenders
1.1. Die Zyklen von 60 Jahren ( rab-byung und drug-cu skor)
1.1.1. Sechzig-Jahres-Zyklus der Nag-rtsis
1.1.2. Rab-byung-Zyklus
1.2. Zwölf-Jahreszyklus (lo-´khor bcu-gnyis)
1.3. Das Jahr (lo)
1.4. Kalendermonate (zla-ba)
1.4.1. Jahreszeitenmonate
1.4.2. Monate des Tierkreiszyklus
1.4.3. Mondhausmonate
1.4.4. Hor-Monate
1.4.5. Schaltmonate (zla-bshol oder zla-lhag)
1.5. Tage (zhag)
1.5.1. Natürlicher Tag (nyin-zhag)
1.5.2. Wochentage (gza´-bdun)
1.5.3. Lunarer Tag (tshes-zhag)
1.5.4.  Ausgelassene und hinzugefügte Tage
1.5.5.  Tage des Tierkreiszyklus
1.6. Tageszeiten
2. Zusätzliche rein astronomische Zeiteinteilungen
2.1. Weltzeitalter (dus-bzhi)
2.2. Solarer Monat (khyim-zla)
2.3. Zodiak Tag (khyim-zhag)
2.4 Astronomische Tageseinteilung
3. Literatur

1. Die Zeiteinteilung des zivilen Kalenders

1.1. Die Zyklen von 60 Jahren ( rab-byung und drug-cu skor)

In Tibet waren zwei verschiedenene Sechzig-Jahres Zyklen in Tibet in Gebrauch.

 1.1.1. Sechzig-Jahres-Zyklus der Nag-rtsis

Hauptartikel siehe Sechzigjahreszyklen

Der „sechzig Jahre umfassende Jahreszyklus“ der Sinotibetischen Divinationskalkulation (nag-rtsis) wurde drug-cu-skor genannt.

Bei dieser zyklischen Zählung von Kalenderjahren werden die Tiernamen des ostasiatischen Tierkreiszyklus, mit denen der Zwölf-Jahreszyklus (siehe unten) gebildet wird, mit den 5 Elementen ('byung-ba lnga) der Sinotibetischen Divinationskalkulationen Holz (shing), Feuer (me), Erde (sa), Eisen (lcags) und Wasser (chu) kombiniert. Dies ergibt 5 x 12 = 60 Jahre. Der Anfang des ersten Jahres (shing-byi,  "Holz-Maus") des ersten Zyklus fällt in das Jahr 1024.

1.1.2. Rab-byung-Zyklus

 Hauptartikel siehe Sechzigjahreszyklen

Der Rab-byung-Zyklus ist ein Sechzig-Jahres-Zyklus indischer Herkunft, auch als (Sanskrit) Brhaspaticakra bezeichnet.

Dieser Sechzig-Jahres-Zyklus entstand in Tibet durch Übernahme der indischen „Telinga Jahreszählung“, wobei das Jahr 1027, welches in Tibet das 1. Jahr im 1. Rab-byung-Zyklus ist, mit dem 1. Jahr des 70. Zyklus der Telinga-Zeitrechnung gleichzusetzen ist. Der Rab-byung-Zyklus wurde mit der Übersetzung des Kalacakratantra (2. Hälfte des 11. Jahrhunderts) in Tibet bekannt. Zu Datierungszwecken wurde er aber erst viele Jahrhunderte später verwendet.

1.2. Zwölf-Jahreszyklus (lo-´khor bcu-gnyis)

Beim „Zyklus von 12 Jahren“ (lo-'khor bcu-gnyis) wurden die Jahre mit den 12 Tiernamen des Ostasiatischen Tierkreiszyklus bezeichnet. Soweit nachweisbar ist dieser Zyklus die älteste Jahreszählung der Tibeter, die schon in der Zeit der Yar-lung-Dynastie Verwendung fand. Dieser Zyklus begann mit dem Maus-Jahr (byi) und endete mit dem Schwein-Jahr (phag). In dem Handbuch Weißer Beryll des Regenten Sanggye Gyatsho wurden die einzelnen Jahre auch bildlich dargestellt.

byi-ba (Maus)glang (Rind)stag (Tiger)yos (Hase)'brug (Drache)sbrul (Schlange)
Tibetan mouse (byi) year.jpgTibetan ox (glang) year.jpgTibetan Tiger (stag) year.jpgTibetan Hare (yos) year.jpgTibetan Dragon year.jpgTibetan Snake (sbrul) year.jpg
rta (Pferd)lug (Schaf)spre'u (Affe)bya (Vogel)khyi (Hund)phag (Schwein)
Tibetan Horse (rta) year.jpgTibetan sheep (lug) year.jpgTibetan monkey (sprel) year.jpgTibetan Bird-year.jpgTibetan dog (khyi) year.jpgTibetan Pig (phag) year.jpg

1.3. Das Jahr (lo)

Die folgende kleinere zyklische Zeiteinheit wird als Jahr (lo) bezeichnet. Es ist einerseits festgelegt als die Zeit, die die Sonne benötigt, um die 12 Tierkreiszeichen zu durchlaufen. Dies ist das Tropische Jahr bzw. Solar-Jahr. Anderseits existiert als weitere Zeiteinheit das tibetische Kalenderjahr mit zeitlich unterschiedlichen Längen von jeweils 12 oder 13 synodischen Monaten. Die Größe des Solar-Jahres diente aber als Richtschnur dazu, die unterschiedlichen Jahreslängen des Kalenders zu regulieren.

1.4. Kalendermonate (zla-ba)

 

Neumond am 30. Kalendertag
 

 

Vollmond am 15. Kalendertag

Grundsätzlich ist ein tibetischer Kalendermonat (zla-ba) die Zeitspanne zwischen zwei Neumonden. Dies bedeutet, dass in der Regel Neumond am 30. Kalendertag eines Monats stattfindet und Vollmond auf den 15. Kalendertag fällt.

Genau genommen ist dieses Zeitintervall der sogenannte synodische Monat, also die Zeitspanne, die der Mond für eine Elongation von 360 Grad benötigt. Diese Zeitspanne wird in der tibetischen Astronomie als tshes-zla bezeichnet.

Nach der Definition der tibetischen Astronomie und Kalenderrechnung beginnt ein Kalendermonat mit dem Anfang des natürlichen Tages oder Wochentages, in dem der erste lunare Tag (siehe unten) endet. Er endet mit dem Ende des natürlichen Tages oder Wochentages, in dem der 30. lunare Tag endet. Dies hat zur Folge, dass die Länge des tibetischen Kalendermonats sich an der Länge des synodischen Monats orientiert, von ihr aber verschieden ist.

1.4.1. Jahreszeitenmonate

Während der tibetischen Yar-lung-Dynastie (7.-9. Jahrhundert) wurden die Kalendermonate nach den vier Jahreszeiten benannt:

Erster Frühlingsmonat
dpyid-zla ra-ba
Mittlerer Frühlingsmonat
dpyid-zla 'bring-po
Letzter Frühlingsmonat
dpyid-zla mtha'-chung
Erster Sommermonat
dbyar-zla ra-ba
Mittlerer Sommermonat
dbyar-zla 'bring-po
Letzter Sommermonat
dbyar-zla mtha'-chung
Erster Herbstmonat
ston-zla ra-ba
Mittlerer Herbstmonat
ston-zla 'bring-po
Letzter Herbstmonat
ston-zla mtha'-chung
Erster Wintermonat
dgun-zla ra-ba
Mittlerer Wintermonat
dgun-zla 'bring-po
Letzter Wintermonat
dgun-zla mtha'-chung
 

1.4.2. Monate des Tierkreiszyklus

Ab dem 12. Jahrhundert beobachten wir den Gebrauch der zwölf Namen des Ostasiatischen Tierkreiszyklus zur Bezeichnung der Monate, nämlich byi-ba (Maus), glang (Rind), stag (Tiger), yos (Hase), 'brug (Drache), sbrul (Schlange), rta (Pferd), lug (Schaf), spre'u (Affe), bya (Vogel), khyi (Hund) und phag (Schwein).

Die Unterscheidung nach männlichen (pho) und weiblichen Monaten (mo) entspricht der Differenzierung bei den entsprechenden Bezeichnungen der Jahre. Ausserdem gibt es noch nach den Sinotibetischen Divinationskalkulationen analog zu den Jahresbezeichnungen die Gepflogenheit, den Tiernamen bestimmte Elemente zuzuordnen, woraus 60 Monatsbezeichnungen resultieren.

1.4.3. Mondhausmonate

   

Die tibetische Aufteilung der Ekliptik, die Sonnenwenden und die zugeordneten Monatsbezeichnungen nach dem Kālacakratantra und der Tshurphu-Schule

 

Die tibetische Aufteilung der Ekliptik, die Sonnenwenden und die zugeordneten Monatsbezeichnungen nach Dragpa Gyeltshen, Phagpa und der Phugpa-Schule

Die tibetische Aufteilung der Ekliptik in 12 Tierkreiszeichen (rot) und 27 Mondhäuser (blau). Die zur Monnatsbezeichung verwendeten Mondhäuser sind mit grüner Schrift rot umrandet dargestellt.

Schon im 9. Jahrhundert wurden die Tibeter mit der indischen Methode der Bezeichnung von Monaten mit den Mondhäuser (rgyu-skar) genannten Abschnitten der Ekliptik vertraut gemacht, bei der ein Monat nach dem Mondhaus bezeichnet wird, in dem grob gesprochen jeweils Vollmond stattfindet. Dies trifft bei genauer Rechnung nach der tibetischen Kalenderrechnung nicht immer zu, was den tibetischen Astronomen natürlich bekannt war. Gleichwohl wurde die aus Indien überlieferte traditionelle Monatsbezeichnung übernommen.

Die praktische Verwendung dieser Bezeichnungen für den Kalender in Tibet geht aber wohl letztlich auf die Verbreitung des Kalenders des Kālacakratantra ab der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts zurück, wobei der tatsächliche Gebrauch erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts einsetzte. Die zur Bezeichnung verwendeten Mondhäuser sind:

mchu, dbo, nag, sa-ga, snron, chu-stod, gro-bzhin, khrums, tha-skar, smin-drug, mgo und rgyal.

Die Monatsbezeichnung erhält man, in dem man diesen Namen der Mondhäusern die Bezeichnung "Monat"  (zla-ba) anfügt, wie z. B. in dbo zla-ba.

1.4.4. Hor-Monate

In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts führte der berühmte tibetische Herrscher und Geistliche Chögyel Phagspa (chos-rgyal 'Phags-pa Blo-gros rgyal-mtshan ) das System einer Monatszählung mit Ordinalzahlen an. Dies ist die sogenannte hor-zla Zählung (Mongolischer Monat).

 Diese sind:

1. Hor-Monat (hor-zla dang-po)
2. Hor-Monat (hor-zla gnyis-pa)
3. Hor-Monat (hor-zla gsum-pa)
4. Hor-Monat (hor-zla bzhi-pa)
5. Hor-Monat (hor-zla lnga-pa)
6. Hor-Monat (hor-zla drug-pa)
7. Hor-Monat (hor-zla bdun-pa)
8. Hor-Monat (hor-zla brgyad-pa)
9. Hor-Monat (hor-zla dgu-pa)
10. Hor-Monat (hor-zla bcu-pa)
11. Hor-Monat (hor-zla bcu-gcig-pa)
12. Hor-Monat (hor-zla bcu-gnyis-pa)

1.4.5. Schaltmonate (zla-bshol oder zla-lhag)

Da der Zeitraum von zwölf lunaren Monaten grundsätzlich kürzer ist als ein solares Jahr, entsteht im lunisolaren Kalender generell das Problem, diesen Zeitunterschied auszugleichen. Im Tibetischen Kalender wird dieser Ausgleich durch die Hinzufügung von Schaltmonaten (zla-bshol oder zla-lhag) geregelt. Im Laufe des 2. Jahrtausend wurden in Tibet verschiedene Methoden zur Hinzufügung von Schaltmonaten angewendet.

1.5. Tage (zhag)

Die Tage innerhalb eines Monats im tibetischen Kalender sind grundsätzlich natürliche Tage.

Gezählt (nummeriert) werden sie als Tage innerhalb eines Monats mit Kardinalzahlen. Dies sind stets die Nummern, mit denen die zugeordneten lunaren Tage (tshes-zhag) gezählt werden. Dabei können einige Nummern ausfallen oder gelegentlich zweimal auftreten. Das Ausfallen von Nummern führt regelmäßig zur Verkürzung einiger Monate, da Monate grundsätzlich mit dem Tag enden, der die Nummer (Datumszahl) 30 trägt. Wird diese Zahl weggelassen, endet der Monat natürlich mit dem Tag, der die Zahl 29 besitzt. Die Verkürzung eines Monats durch Weglassen von Tagen ist auch im Gregorianischen Kalender geläufig. So umfasst der Monat Januar 31 Tage und der Monat April 30 Tage.

Da ein synodischer Monat kürzer ist als ein Zeitraum von 30 natürlichen Tagen, der genaue Wert ist 29,53059 natürliche Tage, ist die Verkürzung einiger Monate unausweichlich, wenn man die Regel einhalten will, dass der Vollmond auf den 15. Tag und der Neumond auf den 30. Tag eines Monats fallen soll. Vor dem 12. Jahrhundert beobachten wir den Gebrauch der Verkürzungen von bestimmten Monaten auf 29 Tage, wobei die Verkürzung von Monaten bei männlichen Jahren anders vorgenommen wird als bei weiblichen Jahren.

Mit der Einführung der Kalacakratantra-Kalenderrechnung in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts erfolgte die Verkürzung nach einem komplizierten Rechenverfahren, so dass nun bestimmte Datumstage mitten im Monat ausgelassen werden konnten. Außerdem konnte es nun vorkommen, dass zwei aufeinanderfolgende natürliche Tage mit der gleichen Nummer gezählt wurden.

1.5.1. Natürlicher Tag (nyin-zhag)

Als natürlicher Tag (nyin-zhag) wird in Tibet die Zeitspanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden Morgendämmerungen festgelegt.

1.5.2. Wochentage (gza´-bdun)

Ein Wochentag (gza') ist grundsätzlich immer ein natürlicher Tag (nyin-zhag). Mit dem Zyklus der 7 Wochentage werden die natürlichen Tage fortlaufend gezählt bzw. bezeichnet.

Es gibt sieben Wochentage, die mit den Namen von Sonne (nyi-ma) und Mond (zla-ba) und mit den Namen der fünf Planeten Mars (mig-dmar), Merkur (hag-pa), Jupiter (phur-bu), Venus (pa-sangs) und Saturn (spen-pa) bezeichnet werden. Diese sind:

gza' nyi-ma (Sonntag), gza' zla-ba (Montag), gza' mig-dmar (Dienstag), gza' lhag-pa (Mittwoch), gza' phur-bu (Donnerstag), gza' pa-sangs (Freitag) und gza'  spen-pa (Samstag).

1.5.3. Lunarer Tag (tshes-zhag)

Die Zeit, die der Mond für eine Elongation von 12 Grad benötigt, wird als lunarer Tag (tshes-zhag) bezeichnet. Die Länge eines solchen Tages variiert erheblich wegen der Unregelmäßigkeit (Anomalie) in der Bewegung von Sonne und Mond.

1.5.4. Ausgelassene und hinzugefügte Tage

In der Aufeinanderfolge der Wochentage gibt es keine weggelassenen oder hinzugefügten natürlichen Tage bzw. Wochentage, die zweimal auftreten. Aber insofern diese Tage unter der Bezeichnung tshes (Datum) mit einer Kardinalzahl gezählt werden, kann es vorkommen, dass bestimmte Nummern nicht vorkommen oder zweimal hintereinander vergeben werden. Diese lunaren Datumszahlen werden von 1 bis 30 vergeben. Dabei kann es vorkommen, dass auf einen Montag mit der Datumszahl 1 ein Dienstag mit der Datumszahl 3 folgt. Andererseits kommt es vor, dass auf einen Montag mit der Datumszahl 1 ein Dienstag mit der gleichen Datumszahl 1 folgt.

Dies führt dazu, dass die Umrechnung von tibetischen Datumsangaben in die europäische Zeitrechnung als schwierig angesehen wurde. Andererseits liegen seit 1973 mit Computerprogrammen errechnete, verlässliche Umrechnungstabellen vor, so dass nunmehr solche Umrechnungen einfach durchzuführen sind. 

1.5.5 Tage des Tierkreiszyklus

Nach den sinotibetischen Divinationskalkulationen wurde der Gebrauch der zwölf Namen des ostasiatischen Tierkreiszyklus zur Bezeichnung der lunaren Tage eingeführt. In dem Handbuch Weißer Berylll des Regenten Sanggye Gyatsho wurden die einzelnen Tage auch bildlich dargestellt. Diese Tage sind:

byi-ba (Maus)glang (Rind)stag (Tiger)yos (Hase)'brug (Drache)sbrul (Schlange)
Tibetan mouse (byi) day.jpgTibetan ox (glang) day.jpgTibetan Tiger (stag) day.jpgTibetan Hare (yos) day.jpgTibetan Dragon day.jpgTibetan Snake (sbru) day.jpg
rta (Pferd)lug (Schaf)spre'u (Affe)bya (Vogel)khyi (Hund)phag (Schwein)
Tibetan horse (rta) day.jpgTibetan sheep (lug) day.jpgTibetan monkey (sprel) day.jpgTibetan Bird (bya) day.jpgTibetan dog (khyi) day.jpgTibetan Pig (phag) day.jpg

Die Unterscheidung nach männlichen (pho) und weiblichen Tagen (mo) entspricht der Differenzierung bei den entsprechenden Bezeichnungen der Jahre. Außerdem gibt es noch nach den  Sinotibetischen Divinationskalkulationen analog zu den Jahresbezeichnungen die Gepflogenheit, den Tiernamen bestimmte Elemente zuzuordnen, woraus 60 Tagesbezeichnungen resultieren.

Diese Tagesbezeichnungen werden im Kalender wie die Zahlen der lunaren Tage behandelt. Fällt eine solche Zahl aus, fehlt auch die Tagesbezeichnung nach dem Tierkreiszyklus. Kommt die Zahl doppelt vor, tritt auch die Bezeichnung nach dem Tierkreiszyklus doppelt auf.

1.6. Tageszeiten

Die im Folgenden erläuterten Tageszeiten (dus-tshod) beziehen sich auf die Einteilung des natürlichen Tages (nyin-zhag) in zwölf Teile. In der tibetischen Astronomie und Kalenderrechnung verwendete mathematisch-astronomische Unterteilungen dieser Zeiteinheit werden hier nicht behandelt.

Die zwölf Einheiten der Einteilung des natürlichen Tages sind die Zeitabschnitte

nam-lang Morgendämmerung, auch als yos „Hase“ bezeichnet,
nyi-shar Sonnenaufgang, auch als ´brug „Drache“ bezeichnet,
nyi-dros Vormittag, auch sbrul „Schlange“ bezeichnet,
nyin-phyed Mittagszeit, auch als rta „Pferd“ bezeichnet,
phyed-yol früher Nachmittag, auch als lug „Schaf“ bezeichnet,
myur-kha später Nachmittag, auch sprel „Affe“ bezeichnet,
nyi-nub Sonnenuntergang, auch als bya „Vogel“ bezeichnet,
sa-sros Abenddämmerung, auch als khyi "Hund" bezeichnet,
srod-´khor später Abend, auch als phag „Schwein“ bezeichnet,
nam-phyed Mitternacht, auch als byi „Maus“ bezeichnet,
phyed-yol nach Mitternacht, auch als glang „Rind“ bezeichnet,
tho-rang späte Nacht, auch als stag „Tiger“ bezeichnet.

Die Tageszeiten werden also auch wie die Jahre, Monate und Tage mit den Tiernahmen des ostasiatischen Tierkreiszyklus bezeichnet. Den Bezeichnungen mit den Tiernahmen des ostasiatischen Tierkreiszyklus können die Namen der fünf Elemente der Sinotibetischen Divinationskalkulationen hinzugefügt werden.

2. Zusätzliche rein astronomische Zeiteinteilungen

2.1. Weltzeitalter (dus-bzhi)

Siehe Hauptartikel Weltzeitalter

Den größten Zeitzyklus bilden die vier Weltzeitalter (dus-bzhi). Die Länge eines Weltzeitalters wird als der Zeitabschnitt zwischen zwei aufeinanderfolgenden Konjunktionen aller in Tibet bekannten, beweglichen Himmelskörper bzw. Planeten am Nullpunkt der Ekliptik definiert. Außerdem ist dieses Ereignis stets dadurch gekennzeichnet, dass das astronomische Kalenderjahr beginnt und ein bestimmter, sechzig Jahre umfassender Jahreszyklus anfängt. Im Tibetischen wird dieses Ereignis einer großen Konjunktion als stong 'jug „Eintritt ins Leere“ bezeichnet. Nach dem Kālacakratantra gab es vier verschiedene, unterschiedlich große Weltzeitalter. 

2.2. Solarer Monat (khyim-zla)

Der Solar-Monat (khyim-zla) ist die Zeitspanne, die die mittlere Sonne benötigt, um ein Tierkreiszeichen zu durchlaufen.

 2.3. Zodiak Tag (khyim-zhag)

Der Zodiak-Tag (khyim zhag) ist die Zeitspanne von  1/30 eines Solar-Monats. Der Zodiak-Tag ist eine, nur für astronomische Berechnungen gebrauchte, nicht erfahrbare Zeitgröße.

2.4 Astronomische Tageseinteilung

Die drei verschiedenen Tagesarten, die im tibetischen Kalender und für die Kalenderrechnung von Bedeutung sind, nämlich der Zodiak-Tag (khyim-zhag) , der Lunare Tag (tshes-zhag) und der Natürliche Tag (nyin-zhag) wurden für astronomische Berechnungen analog zur Aufteilung der Ekliptik in die Zeitintervalle chu tshod „Stunde“, chu srang „Minute“ und dbugs „Länge eines Atemzuges“ unterteilt. Dabei umfasste ein Tag 60 chu tshod. Eine chu tshod wurde in 60 chu srang unterteilt. Eine chu srang bestand aus 6 dbugs. Für den natürlichen Tag (nyin-zhag) mit 24 Stunden ergibt dies folgendes:

Tibetische Bezeichnung: nyin zhag chu tshod chu srang dbugs 
Bedeutung: Natürlicher Tag Tibetische Stunde Tibetische Minute Atemzug 
Umrechnungsfaktor zur nächst höheren Einheit:   60 60 6 
Länge: 24 Stunden 24 Minuten 24 Sekunden 4 Sekunden

 3. Literatur

Winfried Petri: Indo-tibetische Astronomie. Habilitationsschrift zur Erlangung der venia legendi für das Fach Geschichte der Naturwissenschaften an der Hohen Naturwissenschaftlichen Fakultät der Ludwig Maximilians Universität zu München. München 1966
Dieter Schuh: Untersuchungen zur Geschichte der Tibetischen Kalenderrechnung. Wiesbaden 1973

Autor: Dieter Schuh, 2010