Tibet-Encyclopaedia

 

Abbildung 1: Nach Osten ausgerichteter Eingang der Matam Serai von Gramthang im unteren (nördlichen) Teil des Suru-Tals (26. September 2013)

Matam Serai-Gedenkhallen in Purig (Kargil-Distrikt)

Matam Serais in Purig, auch Imambarga oder Hussainia genannt, sind schiitische Versammlungshallen zum Gedenken an den Tod von Imam Hussain. Sie gehören neben Moscheen (Masjid) und Astanas zu den islamischen religiösen Bauwerken von Purig. Im Unterschied zu Baltistan, wo im traditionellen Stil errichtete, alte Gedenkhallen dieser Art in grosser Zahl vorhanden sind, waren die von mir in den Jahren 2013 und 2014 in Purig angetroffenen Matam Serais durchweg neu errichtete Gebäude. Nach Ajaz Hussain Munshi werden solche Matam Serais wie in Baltistan auch für Predigten und Gedenkfeiern für Verstorbene und für weitere Anlässe, wie z. B. Hochzeiten, genutzt.

Gemäss dem in Baltistan vorherrschenden traditionellen Bau-Typus haben die Wände solcher Matam Serais keine Fenster. Die Gebäude werden durch spezielle Öffnungen im zweistufigen Dachaufbau belichtet. Dieses Konzept der Durchflutung des Raumes mit Licht von oben bei zweistufigem Dachaufbau unterscheidet sowohl in Baltistan als auch in Purig die Matam Serais von Moscheen (Masjid). Dieses Konzept wurde auch bei den neuen, zumeist weitaus grösseren Matam Serais in Purig befolgt, auch wenn heute insbesondere bei mehrstöckigen Gebäuden sogar im Erdgeschoss Fenster vorhanden sind. Im Unterschied zu Moscheen, finden sich in Matam Serais auch zum Teil grossflächige Bilder schiitischer Heiliger bzw. von Religionsführern aus dem Iran. Gemeinsames Merkmal von neueren Moscheen und neuerbauten Matam Serais sind die aufgesetzten Dach-Kuppeln und angebaute Minarette.

   
Abbildung 2: Die Matam Serai von Gramthang vom Süden aus photographiert (26. September 2013) 

Abbildung 3: Das Innere der Matam Serai von Gramthang. Die Belichtung erfolgt durch die Fenster in der Dachkuppel und im zweistufigen Dachaufbau. Gut sichtbar sind die abgetrennten Abteilungen für Frauen (26. September 2013)

Die kleine, bescheidene Matam Serai von Gramthang (Abbildungen 1-3) befindet sich in der Nähe der alten Moschee dieses Ortes (siehe Moscheen in Purig, Abbildungen 14-18). Als man mir die Tür öffnete, war der Innneraum von Tauben bevölkert, deren Exkremente den Boden bedeckten. Offenbar wurde diese Matam Serai wenig benutzt. Ob es sich hierbei um den Umbau einer älteren Matam Serai handelte, konnte ich nicht feststellen. Die abgetrennten Bereiche für Frauen und das traditionelle Lichtkonzept einer Matam Serai war an diesem Gebäude gut zu erkennen.

Im Unterschied zur einfach gestalteten Gedenkhalle in Gramthang sind die im Folgenden abgebildeten Matam Serias von Trespone, Saliskot und Baroo moderne Prachtbauten.

Abbildung 4: Die Matam Serai von Trespone im unteren (nördlichen) Teil des Suru-Tals (26. September 2013)

Abbildung 5: Das Innere der Matam Serai von Trespone mit den links und rechts sichtbaren, abgetrennten Bereichen für Frauen (26. September 2013) 

Abbildung 6: Das Innere der Matam Serai von Gramthang. Die Belichtung erfolgt wie in Gramthang durch die Fenster in der Dachkuppel und im zweistufigen Dachaufbau.(26. September 2013)

Abbildung 7: Die Matam Serai von Saliskot (26. September 2013)

Abbildung 8: Das Innere der Matam Serai von Saliskot. Die abgetrennten Bereiche für Frauen sind in der 1. und 2. Etage (26. September 2013)

Die Matam Serai von Baroo wir auch als Baroo Khanqa bezeichnet, was als Hinweis darauf zu werten ist, dass an dieser Stelle ursprünglich eine Khanqa der Nūrbakhshīya-Sekte gestanden hat. An diese erinnern bei diesem völlig neuen Gebäude allerdings nur die in den Obergeschossen zu findenden Kompartiments für Frauen, welche in dieser Anordnung den Abteilungen für Frauen in vielen Khanqas in Baltistan gleichen, die über einen separaten Treppenaufgang zu erreichen sind.

Abbildung 9: Die Baroo Khanqa genannte neue Matam Serai von Baroo (26. September 2013)

Abbildung 10: Innenraum der Baroo Khanqa genannten Matam Serai von Baroo (26. September 2013)

Abbildung 11: Lichtkuppel und Dachfenster der Baroo Khanqa genannten Matam Serai von Baroo (26. September 2013)

Autor: Dieter Schuh, 2014, unter Mitarbeit von Ajaz Hussain Munshi (ortskundige Führung)