Tibet-Encyclopaedia

 

Tibetische Münzstätte Trabshi Lekhung (Grwa-bzhi glog-´phrul las-khungs)

Trabshi Lekhung (Alternative Umschreibungen sind Trapchi Lekhung, Drabshi Lekhung und Tabshi Lekhung. Der volle Name in Wylie-Umschrift lautet: Grwa-bzhi glog-´phrul las-khungs  "Trabshi elektrische Maschinenfabrik”) wurde ursprünglich unter Mitwirkung des indischen Technikers Ismael im Jahre 1914 als Fabrik für die Produktion von Waffen und Munition für die tibetische Armee eingerichtet. Erst später wurde die Fabrik auch als Münzstätte und Druckerei für Briefmarken und Banknoten erweitert. Auch eine Abteilung zur Herstellung von Wollstoffen und Teppichen sowie das von Ringang errichtete Wasserkraftwerk von Dogde (Dog-sde) gehörten zu Trabshi Lekhung. Trabshi Lekhung war die einzige moderne Fabrik, die in Tibet vor der chinesischen Invasion im Jahr 1950 existierte.

Abbildung 1: Die tibetische Münze Tabshi Lekhung (Nordseite des Hauptgebäudes), am 31.  August  1933 von F. Williamson photographiert  (1). Nach bla-phyag mkhan-chung Thub-bstan bstan pa (2003, S. 156) handelt es sich bei dem Beamten, der auf der Photographie auf der äußersten rechten Seite zu sehen ist, um Künphel (Kun-´phel; sein voller Titel und Name ist  sku-bcar spyan-bsal Thub-bstan kun-´phel). Er war einer der engsten Vertrauten des 13. Dalai Lama und war für die Modernisierung der Münzstätte verantwortlich. Die zweite Person von rechts ist mkhan-drung dngos-gzhi Thub-bstan kun-mkhyen und die vierte von rechts ist rim-bzhi byang-ngos-pa Rig-´dzin rdo-rje. Es handelt sich hierbei um den Beamten, der besser unter dem Namen Ringang Rigdzin Dorje  (Rin-sgang Rig-´dzin rdo-rje) bekannt ist und der für die Versorgung der Münzstätte mit elektrischer Energie verantwortlich war. Bla-phyag mkhan-chung Thub-bstan bstan-pa macht keine Angaben über die dritte Person von rechts. Es ist jedoch anzunehmen, dass es sich um Rai Bahadur Norbu Döndrub handelt, der die britische Mission, die Lhasa 1933 besuchte, als Dolmetscher begleitete. Leiter dieser Mission war der britische Diplomat Frederick Williamson (1891-1935).

Die Maschinen und das übrige Material, das in den bisher in Tibet existierenden Münzstätten vorhanden war, wurde 1932 nach Trabshi Lekhung gebracht, welche als einzige Münzstätte für das Prägen von Münzen sowie das Drucken von Banknoten, Briefmarken und Steuerformularen von 1932 bis 1959 betrieben wurde.Die offizielle Eröffnung der modernisierten und erweiterten, ungefähr drei Kilometer nördlich von Lhasa gelegenen Münzstätte Trabshi Lekhung fand am 18.11.1931 (im „Eisen-Schaf-Jahr“) im Beisein des 13. Dalai Lamas statt. (2) Die ersten Direktoren waren Thupten Künphel (Thub-bstan kun-´phel) und Tsharong. Künphel, der auch bei den künstlerischen Entwürfen für die Münzen mitgewirkt haben soll, musste sein Amt nach dem Tod des 13. Dalai Lamas Ende 1933 aufgeben. Tsharong stand der Münze von 1931 bis 1932 und erneut von 1934 bis 1950 vor.

Trabshi Lekhung umfasste folgende Abteilungen: 1. Silber- und Kupfergießerei. 2. Druckerei. 3. Abteilung für das Prägen von Kupfer- und Silbermünzen. 4. Sandgießerei, in welcher unter anderem militärische Identifikationsplaketten hergestellt wurden. 5. Abteilung für Wollstoffe und Teppiche. 6. Abteilung für die Herstellung von Waffen und Munition. 7. Eine außerhalb von Lhasa gelegene Papierfabrik. 8. Das Kraftwerk von Dogde.

Der Münzstätte unterstanden auch die 1932 gegründete Gyantse-Bank und die 1933 eingerichtete Shigatse-Bank. Diese Banken, die nur bis zum Jahr 1935 existierten, waren außer mit der Vergabe von Krediten mit der Einnahme von Steuern und Spenden, mit dem Bereitstellen von Mitteln für den Waffenimport aus Britisch-Indien sowie mit dem Wechselgeschäft von tibetischer Währung und indischen Rupien befasst. 

Nach chinesischen Schätzungen wurden in Trabshi Lekhung zwischen 1932 und März 1959 Münzen und Banknoten im Nennwert von 200 Millionen Srang produziert und herausgegeben. Hauptanteil an dieser Summe ist mit ungefähr 135 Millionen der Gesamt-Nennwert der höchsten Nominale der Banknoten, der 100 Srang Schein, der von 1937 bis 1959 herausgegeben wurde (Institute of Finance of the Lhasa Branch of the People’s Bank of China, 1990).

   

Abbildung 2 : Südlicher Eingang zum Trabshi Lekhung Gelände

 

Abbildung 3:  Das Innere der tibetischen Münzstätte Trabshi Lekhung, von F. Williamson, am 31. August 1933 photographiert 

F. Williamson kommentiert seinen Besuch der Münzstätte wie folgt:

“31. Aug. 1933. Um elf Uhr begaben wir uns auf Einladung von Kunphel La nach Trapchi, um die mit Strom versorgte Fabrik und das neue Regiment zu sehen. Trapchi (oft Debchi geschrieben) liegt ungefähr drei Meilen von Lhasa, nicht weit vom Kloster Sera … Auf der einen Seite sind die Werkstätten. Die elektrische Energie kommt vom fast sechs Meilen entfernten Dote, wo sich die Werkstätten ursprünglich befanden. Die letzteren sind erstaunlich leise, und die Maschinen sind in einem von Säulen getragenen und mit frischen Farben in der üblichen tibetischen Art dekorierten Räumen aufgestellt. Silbermünzen wurden hergestellt, Banknoten gedruckt, Gewehrläufe gebohrt, und Patronenhülsen gefüllt. Der ganze Ort verdankt sein Vollendung Ringang, der für die Maschinen verantwortlich ist und Kunphel La, aufgrund dessen Ideen die ganze Anlage entstand…, der ganze Ort strahlt eine Atmosphäre von Effizienz aus, welche sonst in Tibet nur sehr selten anzutreffen ist” (F. Williamson, 1934).

Lt. Col. J.L. Weir, der Lhasa 1932 besuchte, gibt den folgenden Kommentar:

“Das Arsenal und die Münze in Tapchi wurden in diesem Frühjahr fertig gestellt (1932). Sie verdanken ihre Vollendung Kuchar Kumphela, dem engsten Vertrauten des Dalai Lama, einem Mann von höchster Intelligenz und unbezähmbarer Energie.
Tapchi liegt ungefähr 3 Meilen von Lhasa in einem quadratischen, von einer Mauer umgebenen Gelände, das 300 Quadrat-Yards groß ist. Auf dem Gelände befinden sich die Münze, wo gegenwärtig nur Kupfermünzen geprägt werden, sowie die Druckerei, wo Noten in drei Farben gedruckt werden. Es gibt auch Werkstätten, die mit von Transmisionsriemen angetriebenen Maschinen ausgerüstet sind, welche pro Monat 30 Gewehre herstellen können…
Die Maschinen von Tapchi werden durch Elektrizität angetrieben. Die Energie wird in Do-te erzeugt, 7 Meilen von Lhasa, und in überirdischen Leitungen von 4 Meilen Läge zum Arsenal geleitet. Kusho R.P. Ringang…hat das Kraftwerk gebaut und ist für alle Maschinen verantwortlich (Weir, 1933).”

Spencer Chapman (1945, S. 375) beschreibt Trabshi wie folgt:

In einer anderen Sektion von Trab-shi ist die Münze, die wir an einem Tag mit den für sie Verantwortlichen Tsarong und Langchungna, besuchten. Wir sahen wie Silber- und Kupfer-Münzen geprägt und Geldscheine gedruckt wurden, meistens mit neuen, elektrisch angetriebenen Maschinen aus England. Es gab auch zwei oder drei altehrwürdige, in Tibet gebaute und von menschlicher Kraft angetriebene Prägemaschinen mit großen, wackelnden Schwungrädern aus Messing. Wir sahen auch eine neue Maschine, die unter den fachmännischen Anweisungen von Ringang gebaut wurde, ganz aus Messing (da sie keinen Stahl bearbeiten können). In der Schmiede, wo Frauen wundersame Blasebälge bedienten, schmolzen sie Silberbarren, mischten das Silber mit 10 Prozent unedlem Metall und gossen es erneut in Barren. Wir erhielten alle eine Serie neuer Münzen als Geschenk. Es war seltsam, Tibeter in dieser Weise arbeiten zu sehen, aber sie schienen alle sehr geschickt zu sein. Ich hatte gehört, dass Tibeter vor den Gefahren einer Inflation bewahrt sind, weil die Farbe der Geldscheine nur während der drei Sommermonate trocknet; diese Geschichte ist jedoch unwahr, so attraktiv sie auch sein mag. Wegen der Verschlechterung des Metalls der Münzen und des Fehlens einer Goldreserve für die Noten ist der Tranka, der vor fünfundzwanzig Jahren noch einen Kurs von drei pro Rupie hatte jetzt fünfundzwanzig pro Rupie. Der Tranka, gemeinsam mit seinen chinesischen und nepalesischen Varianten, war früher die einzige Münze Tibets; brauchte man kleinere Beträge, wurde die Münze in Stücke geschnitten. Die indische Rupie, die im Wert stabiler und schwerer zu zerteilen ist, wird häufig für größere geschäftliche Transaktionen benutzt.”
Spencer Chapman besuchte die Münze  im September oder November 1939.

Die Direktoren von Trabshi Lekhung (1931-1959) (Nach Institute of Finance of the Lhasa Branch of the People’s Bank of China, 1990)

Name

Titel

Ernannt von

Amtszeit

Bemerkungen

Tsha-rong Zla-bzang dgra- ´dul

dza-sag

13. Dalai Lama

1931-1932

Amtsaufgabe wegen Krankheit

Thub-bstan kun-´phel

mkhan-chen

13. Dalai Lama

1931-1933

Nach dem Tod des 13. Dalai Lama wurde er aus allen Ämtern entfernt

mNgon-shes Thub-bstan kun-mkhyen

mkhan-drung

13. Dalai Lama

1931-1933

 

Rong byon

bka`-blon rim- bzhi

Regent Ratdreng

(Rva-sgreng)

1934-1939

 

Tsha-rong Zla-bzang dgra- ´dul

dza-sag

Regent Radreng

1934-1950

Wiederernennung

Ka-shod Chos-rgyal nyi-ma

rtsis dpon

Regent Radreng

1935-1945

 

Ram-sras Thub-bstan kun- mkhyen

mkhan-drung

Regent Radreng

1937-1944

 

Rong-gnam-sras Thub-bstan nor-bzang

mkhan-drung

Regent Tagtra

(sTag-brag)

1944-1950

 

Zhwa-dka´-pa dBang-phyug bde-bstan

rtsis-dpon

Regent Tagtra

1945-1959

 

bKras-mthong Blo-bzang dbang-rgyal

mkhan-chung

14. Dalai Lama

1950-1958

Er übernahm das Amt als Tsharong und Thub-bstan 1950 mit dem Dalai Lama nach Yatung (Gro-mo) reisten

Chags-pa bsKal-bzang dbang-´dul

rim-bzhi

14. Dalai Lama

1950-1959

Er übernahm das Amt, als Tsharong und Thub-bstan 1950 mit dem Dalai Lama nach Yatung (Gro-mo) reisten

bSam-pho Tshe-dbang rig-´dzin

dza-sag

14. Dalai Lama

1957-1958

 

Gung-shan- pa Kun- dka´ rnam-rgyal

rim-bzhi

14. Dalai Lama

1954-1959

Assistent des Direktoriums und Leiter der Teppichfabrik

Chang-khyim Thub-bstan tshe-dpag

mkhan-chung

14. Dalai Lama

1958-1959

Nach dem Rücktritt von bSam-pho und bKras-mthong wurde er Direktor

Ram-sras rNam-rgyal dbang-phyug

taiji

14. Dalai Lama

1959

 

--------------------------------------------------------------------

(1) In einem anonymen britischen Dokument wird der 9. Juni 1932 als Einweihungsdatum der Münzstätte angegeben  (India Office Library and Records, file no. L/P&S/12/4/4165).
(2) Während seines Besuches in Lhasa als Politischer Offizier von Sikkim wurde Frederick Williamson von Norbu Dhondup und Captain Tennant begleitet, der Medical Officer (offizieller Arzt) der Britischen Handelsagentur in Gyantse war. Die englische Besuchergruppe hielt sich vom 14. August bis zum 4. Oktober 1933 in Lhasa auf  (McKay, 1997, S. 135).

Literatur

Bertsch Wolfgang: A Study of Tibetan Paper Money. With a Critical Bibliography. Library of Tibetan Works and Archives, Dharamsala, 1997.
Bla-phyag mkhan-chung Thub-bstan bstan-pa: Rang-myong drang-brjod kyi zin-bris (An honest report of my experiences) Department of Information and International Relations (DIIR), Central Tibetan Administration, Dharamsala, 2003.
Chapman, Spencer: Memoirs of a Mountaineer. ‘Helvellyn to Himalaya’ and ‘Lhasa the Holy City’. The Reprint Society, Bungay, Suffolk, 1945.
Clarke, John: “Metal Working in dBus and gTsang 1930-1977”. The Tibet Journal, vol. 27, no. 1 & 2, Dharamsala, Spring & Summer 2002, S. 113-152.
Institute of Finance of the Lhasa Branch of the People’s Bank of China: “Xi zang di fang zhen fu de zhao bi chang (The mint of the local Tibetan government)”. Zhong guo Qian bi (China Numismatics), Beijing, 1990, issue 1 (no. 28), S. 29-42.
Kempf, Fred: A Primary Report on Native Tibetan Coins. Mimeograph. Seattle, Washington, 1969. 

Rhodes, Nicholas: Tibetan Mints. Oriental Numismatic Society, Information Sheet No. 19, August 1978.
The Great Tibetan-Chinese Dictionary: Bod rgya tshig mdzod chen mo. mi rigs dpe skrun khang (Minority Publishing House), Beijing, 1998
Xiao Huaiyuan: Xi zang di fang huo bi shi (The History of Tibetan Money), Beijing 1987.
Unveröffentlichte Quellen:
Weir, J.L.R. Lt. Col.: Visit to Lhasa, 1932. Baroda, 1.3.33. India Office Library and Records, London, file L/P&S/12/4175.
Williamson, F. Visit to Lhasa, 1933. Gangtok, 6.1.1934. India Office Library and Records, London, File L/P&S/12/4175.
 

McKay, Ernest: Tibet and the British Raj, The Frontier Cadre 1904-1947. Curzon Press, London, 1997.

Autor: Wolfgang Bertsch, 2010. Bildnachweise: Die Abbildungen 1 und 3 wurden in folgenden drei Büchern veröffentlicht: Bertsch Wolfgang (1997): A Study of Tibetan Paper Money. With a Critical Bibliography. Library of Tibetan Works and Archives, Dharamsala, 1997. Williamson, Margaret D.: Memoirs of a Political Officer’s Wife in Tibet, Sikkim and Bhutan. Written in collaboration with John Snelling. Wisdom Publications, London 1987. Bla-phyag mkhan-chung Thub-bstan bstan-pa: Rang-myong drang-brjod kyi zin-bris (An honest report of my experiences.) Department of Information and International Relations (DIIR), Central Tibetan Administration, Dharamsala, 2003. Abbildung 2: Zhu Jinzhong (verantwortlicher Herausgeber), Wang Haiyan, Wang Jiafeng, Zhang Wuyi, Wu Hanlin, Wang Dui [dbang ´dus] and Tsering Pincuo: Zhong guo xi zang qian bi [The Money of Chinese Tibet] Xi zang zi zhi ou qian bi xue hui [Tibet Autonomous Region Numismatic Society], Zhong hua shu ju, Beijing 2002, ISBN: 7 – 101 03360 – 1/Z . 449, S. 192.