Tibet-Encyclopaedia

 

Abbildung 1: Blick auf Daghoni am Zusammenfluss des kleineren Thalle-Flusses  mit dem Shayok. Rechts sieht man  die Brücke, die von der heutigen Straße zwischen Skardu und Khaplu von der linken Seite des Shayok nach Daghoni führt. Links erscheint die Brücke, die Daghoni mit Balghar verbindet (Oktober 2007)

 Daghoni

Daghoni (auch Doghani, Dogani, Dowani und Do-wa-ni genannt, Tibetisch : mDa´-ho-ni) ist eine kleine Ortschaft und Oase in Baltistan (Klein-Tibet) am Zusammenfluss des Shayok mit dem Thalle(Thalay)-Fluss auf dem alten Verbindungsweg zwischen Skardu und Shigar einerseits und Khaplu andererseits. Daghoni liegt am rechten Ufer des Shayok und am linken Ufer des Thale gegenüber Balghar, mit dem es heute durch eine mit dem PKW befahrbare Brücke verbunden ist. Der Ort liegt östlich von Kuru und nordwestlich von Khaplu und war für wenigstens zwei Jahrhunderte Durchgangsstation für Truppenbewegungen in den Kriegen zwischen dem Westen (Skardu und Shigar) und dem Osten (Khaplu) Baltistans. Politisch gehörte Daghoni im 17. und 18. Jahrhundert zum Königreich Khaplu. Heute ist es dem Ganche-Distrikt von Baltistan zugeordnet. 1785 war Daghoni Schauplatz einer Schlacht zwischen einer Kriegsschar aus Skardu und Shigar sowie Truppen aus Khaplu und Ladakh.

Abbildung 2: Lage von Daghoni, auf der Karte als Doghani verzeichnet, am Zusammenfluss von Thalle und Shayok. Ausschnitt aus "India and Pakistan" (Jammu and Kashmir) Ni-43-03. 1:250.000. Mundik

 Inhaltsverzeichnis

1. Allgemeines
2. Zur Geschichte von Daghoni
3. Khanqa-Gebetshalle und alter Basar
4. Literatur

1. Allgemeines

Balghar und Daghoni hatten für die Wegebeziehungen in Baltistan insofern eine größere Bedeutung, als sich nach diesen Orten der Shayok sehr verengt und somit so reißend wird, dass er insbesondere in den Sommermonaten mit dem Zak, einem von aufgeblasenen Tierfällen getragenen Floss, kaum zu überqueren war. Da die Reiseroute von Khaplu nach Shigar und Skardu von Kharku (auch Korku, Kerku oder Kharkoo geschrieben) ausgehend, das östlich unmittelbar an Daghoni angrenzt, auf der rechten Seite des Shayok verlief, boten somit Daghoni und Balghar in westlicher Richtung die letzte Möglichkeit, den Shayok zu überqueren. In der Regel erfolgte die Überquerung des Shayok unmittelbar bei Khaplu. 

Abbildung 3: Dorfstraße in Daghoni (Oktober 2007)

Daghoni wurde erstmals von Knight (S. 260)  erwähnt, der 1892  die gesamte Strecke von Khaplu nach Balghar mit dem Zak zurücklegte und bei dieser Fahrt mit dem Floss an den Orten Kharku und Doghani vorbeikam. Jane E. Duncan erreichte im Sommer 2004 Doghani, nachdem sie bei Khaplu den Shayok mit dem Zak überquert hatte und den restlichen Weg am rechten Flussufer auf einem Ponny reitend zurücklegte. Duncan hat Doghani wie folgt beschrieben (S. 246): "At Dowani there is a perfectly level plain ... several miles in length and about half a mile in width, lying between the mountains and the Shayok, beautifully cultivated and wooded, some apricot trees being so large that they looked like gnarled old oaks. A shady, grassy lane wound along through borders of white flowering trambah surrounding fields of kangri with heads as large as bulrushes, corncoloured and quite ripe here... A large basket of delicious grapes was brought to the camping-ground as sonn as I arrived. ... Dowani is in its own way quite as beautiful as Khappalu..." Arora (S. 212f) erwähnt Daghoni wie folgt. "Doghani (Karku). Village. Road sandy & stony through valley. Cross river by skin-raft."

Abbildung 4: Felder und Bauernhäuser in Daghoni (Oktober 2007)

Die Einwohnerzahl von Daghoni wurde im Jahre 1951 mit 1125 Personen festgestellt. Im Jahre 1961 betrug sie 1124 Personen (Afridi, S. 274). Heute dürfte die Einwohnerzahl wesentlich höher sein.

2. Zur Geschichte von Daghoni

Balghar und Daghoni mit dem Tal des Talle-Flusses bildeten im 17. und 18. Jahrhundert die westliche Grenze des Einflussbereiches des Königreiches von Khaplu. Militärisch hatte man aber im unmittelbar angrenzenden Kharku ein Festung errichtet, die feindliche Angriffe aus dem Westen Baltistan abwehren sollte. Kharku war in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts heftig umkämpft. In Geschichtsquellen wird Daghoni nur im Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen erwähnt, die in das Jahr 1785 fallen. Die Schlacht von Daghoni wird in einer im gleichen Jahr ausgefertigten Herrscherurkunde aus Ladakh wie folgt beschrieben: 

"Als im Holz-Schlange-Jahr (1785) die Landesteile der Balti, wie Shigar und Skardu usw., sich vereinigten und (von dort) eine große Armee aufbrach, errichteten sie in Balghar eine neue Festung. Indem sie in Kiris und Kuru etc. die alten, bestehenden Festungen einnahmen und die Waffen konfiszierten, begannen sie, die Herrschaft von Khaplu an sich zu reißen. Als daraufhin der Herrscher (von Khaplu) Jo Mohammad Ali Khan, Vater und Sohn, ohne Schutz und hilflos waren, baten sie hier um Truppenhilfe.

Hieraufhin fungierten no-no bSod-nams nor-bu und no-no Chung-ngu als Truppenführer und nahmen die Soldaten jenseits und diesseits des Nubra-Flusses zusammen mit den Truppen aus Chorbat durch bloßes Überreden mit. Als sie in Daghoni ankamen, waren die gegnerischen Truppen in der Lage, einen den ganzen Tag dauernden Angriff durchzuführen. Zu dieser Zeit verzagte ihr Mut nicht und sie führten einen Sturmangriff durch. Dadurch wurden die gegnerischen Truppen zurückgeschlagen und man bekam die hergerichtete Festung (in Balghar und) um die achtzig Männer zusammen mit der (Kriegs-)Ausrüstung in ihre Hände."

3. Khanqa-Gebetshalle und alter Basar

Die in Daghoni vorgefundene Khanqa-Gebetshalle war kurz vor dem Jahr 2007 renoviert worden. Über die  Geschichte dieser Gebetshalle liegen mir keine Informationen vor. Nördlich der Gebetshalle findet sich ein kleiner Basar, dessen Geschäfte aber bei meinem Besuch, von einer Ausnahme abgesehen, geschlossen waren. Wie an allen anderen kleineren Orten in Baltistan versammelten sich bei meinem Besuch von Daghoni im Jahre 2007 viele Kinder, um sich die seltsamen Neuankömmlinge anzuschauen.

Abbildung 5: Khanqa-Gebetshalle von Daghoni (Oktober 2007)

 

Abbildung 6: Kleiner Basar in Daghoni (Oktober 2007)

 

Abbildung 7: Kinder in Daghoni beobachten den fremden Besucher (Oktober 2007)

4. Literatur

R. C. Arora: In the Land of Kashmir, Ladakh and Gilgit. Agra 1940
Jane E. Duncan: A Summer Ride through Western Tibet. London – Glasgow 1913
E. F. Knight: Where three Empires Meet. A Narrative of Recent Travel in Kashmir, Western Tibet, Gilgit, and the Adjoining Countries. London 1893
Dieter Schuh: Herrscherurkunden und Privaturkunden aus Westtibet (Ladakh), Halle 2008 (= Monumenta Tibetica Historica, Abteilung III. Diplomata, Epistolae et Leges, Band 11)
Dieter Schuh: Die Herrscher von Baltistan (Klein-Tibet) im Spiegel von Herrscherurkunden aus Ladakh. In: Chomolangma, Demawend und Kasbek. Festschrift für Roland Bielmeier zu seinem 65. Geburtstag. Band 1: Chomolangma, Halle 2008, S. 165-225

Autor: Dieter Schuh, 2010. Landkartennachweis: Ausschnitt aus "India and Pakistan" (Jammu and Kashmir) Ni-43-03. 1:250.000. Mundik. Alle anderen Abbildungen von Dieter Schuh.

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