Tibet-Encyclopaedia

 

Abbildung 1: Kiris vom linken Ufer des Shayok aus photographiert. Rechts die moderne Straße nach Khaplu (Oktober 2008)

 Kiris

Kiris (auch Keris, Karkes, Kyeré oder Karis geschrieben, Tibetisch: Kye-ris oder sKye-ris) ist die Bezeichnung eines östlich des Zusammenflusses des Shayok und des Indus am rechten Ufer des Shayok in Baltistan (Klein-Tibet) gelegenen Ortes sowie der diesem Ort zugeordneten Region. Kiris war der kleinste Herrschaftsbereich der ehemaligen sechs kleinen Königreiche in Baltistan und war sehr von seinen mächtigeren Nachbarn Skardu, Shigar, Khaplu und Kartaksho abhängig. Als Durchgangsgebiet zwischen Skardu und Shigar im Westen und Khaplu im Osten war es bis 1820 Schauplatz zahlreicher kriegerischer Auseinandersetzungen. Als bedeutende Sehenswürdigkeiten sind die Burg von Kiris, welche die Zerstörungen der Dogra überdauert hat, die große moslemische, Khanqa genannte Gebetshalle und das Grabmonument  (Astana) von Hazrat Mir Mukhtar zu erwähnen.

Abbildung 2: Die Lage von Kiris östlich des Zusammenflusses von Shayok und Indus.  Ausschnitt aus "India and Pakistan" (Jammu and Kashmir) Ni-43-03. 1:250.000. Mundik

 Inhaltsverzeichnis

1. Entdeckungsgeschichte
2. Das Herrscherhaus und seine Geschichte
3. Khanqa-Gebetshalle und Astana-Grabmonument
4. Der Ort und seine Bewohner
5. Literatur

1.  Entdeckungsgeschichte

In seinem 1832 veröffentlichten Aufsatz über die Geographie Tibets ("Geographical Notice of Tibet") wurde Kiris erstmalig von Csoma des Kőrös mit der Bezeichnung Kyeré als Sitz eines der Herrscher (chief), die in Baltistan regierten, erwähnt. 1829 hatte Captain C. M. Wade einen Bericht über Baltistan verfasst, der als Notizen über Iskárdoh, dem Hauptort von Klein-Tibet ("Notes relative to Iskárdoh, the capital of little Tibet") im Jahre 1835 veröffentlicht wurde. Wade erwähnt Kiris als den Karkes genannten Distrikt, der von Yaqub Khan regiert wurde. Moorcroft-Trebeck (Vol. II, S. 265) beschreiben schließlich Kiris mit dem Satz: „Kiris is a small state lying on the road between Kafalun and Balti, on the right bank of the Shayuk river.“

Vigne (Vol. II, S. 255) erwähnt Kiris als eines der Gebiete, die (1837) von Ahmad Shah von Skardu regiert wurden. Des Weiteren beschreibt Vigne (Vol. II, S. 315) die Lage von Kiris wie folgt. „ The next morning we arrived at the place where the two branches of the Indus, one from Ladakh, and the other, the Shy-Yok, from Nubra and Kurukurum, unite to form the main stream. The place of junction is distant fifteen miles from the Gylfo´s castle. The Nubra or western branch approaches over an open space, washing a fort at the village of Keris.“

Abbildung 3: Der Zusammenfluss von Indus (Bildvordergrund) und Shayok (von Bildmitte rechts kommend) mit Blick auf den westlichen Teil von Kiris (Oktober 2007)

 Auf einer Landkarte wurde Kiris zum ersten Mal auf der im Jahre 1842 von John Walter nach den Angaben von Godfrey Thomas Vigne im Auftrag der East India Company erstellten Karte „Kashmir; With its Passes; Ladak & Little Tibet, The Mountain Course of the Indus; and the Alpine Pajab generally“ aufgeführt.

Cunningham (S. 31) schrieb über Kiris: „The small district of Keris is situated along the lower course of the Shayok, just above its junction with the Indus. It is about sixteen miles in length, and ten miles in mean breadth. The area is not more than 160 square miles…“
Der zweite Engländer, der von einem persönlichen Aufenthalt in Kiris berichtete, war Thomas Thomson (S. 213ff, 226), der sich dort am 9. November 1847 aufhielt. Aus seiner Reisebeschreibung ist klar zu entnehmen, dass damals die gewöhnliche Verbindung zwischen Khaplu und Skardu zunächst auf der rechten Seite des Shayok verlief. Als davor gelagerte Zwischenstationen nennt er Braghar (Balghar), Kunes (Kunis) und Kuru. Seine Reise setzte Thomson dann auf der rechten Seite des Indus über Nar fort.

Am 5. August 1860 begann Henry Haversham Godwin-Austen (1834-1923) in Kiris eine seiner berühmten Erkundungsreisen des Karakorum. Er bestieg zunächst den knapp 16.000 Fuß hohen Bianchu (auf der Karte Abbildung 2 als Bamchu verzeichnet) und setzte von dort aus nach Osten seine Reise über des Tal des Thalle- und des Hushe-Flusses fort (Hedin, S. 233).

Die schönste auch heute noch zutreffende Beschreibung von Kiris verdanken wir Jane E. Duncan (S. 251), die über ihren Aufenthalt in Kiris im Jahre 1904 folgendes berichtete: „Kiris is another lovely village where a month could be spent most agreebly, there being even a small rajah to entertain one with his jungly ways. Fruit is plentiful, and two large bunches of grapes and some apples were given to me by the chowkidar. The air is full of the chattering of sparrows, and there are many magpies and rooks; there is evidence of abundance of bird-life in the scarecrows fluttering in the fields.“

Besondere Beachtung verdient die Beschreibung von Kiris durch Giotto Dainelli (S. 92), der diesen Ort im Januar 1914 besuchte und insbesondere die große Khanqa-Gebetshalle beschrieben und abgebildet hat.

Der Reiseführer von Arora (1940, S. 212) belegt, dass der Reiseweg über Kiris entlang des rechten Ufers des Shayok und des Indus noch im Jahre 1940 als Hauptverbindung zwischen Skardu und Khaplu benutzt wurde.

Abbildung 3: Abgeerntete Felder und neue Wohnhäuser im Bereich der Burg von Kiris (Oktober 2007)

 2. Das Herrscherhaus und seine Geschichte

Siehe auch den Hauptartikel Wohnburgen und Bergfestungen (Khar) in Baltistan (Klein-Tibet)

Nach Afridi (S. 278) umfasste die Region Kiris die Orte Makhor, Tokhor und Gon und zählte 1951 3538 Einwohner. Geht man davon aus, dass in Zeiten maximaler Ausdehnung die drei östlichen Orte um Kuru (1951: insgesamt 4112 Einwohner) und die drei westlichen Orte um Nar (1951: insgesamt 1286 Einwohner) zum Herrschaftsbereich von Kiris gehört haben, so war Kiris damals nicht einmal halb so groß wie seine mächtigeren Nachbarn Shigar, Skardu und Khaplu. Francke (S. 240) ordnet auf seiner historischen Karte nur die Orte Kuru und Gowari (Gwali) dem Herrschaftsbereich von Kiris zu.

Abbildung 4: Die Burg von Kiris (Oktober 2007)

Zu den architektonisch herausragenden Gebäuden von Kiris zählt neben der großen Khanqa-Gebetshalle die unmittelbar am Shayok gelegene Burg der Herrscher dieses ehemaligen Königreiches. In seiner Fachwerk-Bauweise gleicht diese Burg dem Herrschersitz von Shigar. Das Gebäude, das heute noch der ehemaligen Herrscherfamilie als Wohnsitz dient, entging der Zerstörung durch die Dogras und wurde nach 1840 um einen repräsentativen Vorbau zum Eingang der Burg erweitert, dessen erstes Stockwerk im Sommer als Wohnbereich genutzt wird. Zur Burg gehört eine kleine Moschee, die hauptsächlich der Familie des ehemaligen Herrschers als Gebetsraum dient. 

      

Abbildung 5: Ost- und Nordseite der Burg (Oktober 2007)

 

Abbildung 6: Vorbau über dem Eingang zur Burg (Oktober 2007)

 

Abbdildung 7: Wohnraum im 1. Stockwerk des Vorbaus (Oktober 2007)

Die erste Genealogie der Herrscher von Kiris wurde von Cunningham (S. 31) 1853 veröffentlicht, dem die Namen der ehemaligen Könige von Kuram Ali Khan im Jahre 1846 mitgeteilt wurden. Schriftliche Quellen hierzu lagen nicht vor. Cunningham fügte seiner Liste der Herrscher von Kiris Jahresangaben hinzu, die er frei erfunden hatte. Francke (S. 193) druckt die Liste von Cunningham nur ab, lässt aber vernünftiger Weise fast alle Jahresangaben weg. Hashmatullah Khan (Anhang, S. XV) gibt eine insbesondere für die ältere Zeit vor 1700 und für die moderne Zeit nach 1840 erweiterte Liste ohne Jahresangaben und ohne Quellenangaben.

Die folgende Liste der Herrscher von Kiris entspricht weitgehend dem, was Cunningham (S. 31) durch mündliche Informationen in Erfahrung gebracht hat. Erläuterungen und Ergänzungen betreffen hauptsächlich Ereignisse, die durch das Shigar Nāma und ladakhische Urkunden, also durch schriftliche Quellen, belegt sind.

Grundsätzlich sei angemerkt, dass der Zeitraum von 1650 bis 1840 für die Bevölkerung von Kiris bedingt durch Truppen, die Kiris plünderten bzw. aus dem Land zu versorgen waren und die Kiris nicht selten zum Schlachtfeld verwandelten, sicherlich eine Zeit großer Beschwernisse war. Zu erwähnen ist auch die Teilnahme der männlichen Bevölkerung am Militärdienst. Zur Beurteilung dieses Zeitraums ist von einer grundsätzlich kriegerischen Grundhaltung der männlichen Bevölkerung von Baltistan und von Kiris auszugehen.

Biwan Cho

Nach Hashmatullah Khan (Anhang, S. XIII und XV), der hierzu keine Quellen angibt, wurde dieser Herrscher Bewan Cho alias Beg Aman genannt und war in der dritten Generation Nachfahre des Herrschers Begum der Yabgo-Herrscherlinie von Khaplu. Durch eine Aufteilung des Gebietes der Yabgo-Familie erhielt Ibrahim das Gebiet von Saling, Turab Khan wurde das Gebiet von Khaplu und Chorbat zugeteilt und Kiris fiel an Biwan Cho. Der Namensteil Cho entspricht vermutlich der tibetischen Bezeichnung Jo, das ist der in Baltistan übliche Titel für einen lokalen Herrscher. Die Angaben von Hashmatullah Khan finden sich ebenfalls in Afridi (S.119).

Leo

Nach Hashmatullah Khan (ohne Quellenangabe, Anhang S. XIII und XV) Lyo genannt und Tochter des Biwan Cho. Sie heiratete angeblich Hamza Khan von Khaplu.

Raja Ali Mir Sher

Dieser Herrscher wird nur in den Listen von Cunningham und Francke erwähnt. Es handelt sich hierbei um den berühmten Ali Sher Khan, der zwar ganz Baltistan unter seine Herrschaft vereinigte, aber kaum Kiris selbst verwaltet haben dürfte.

Ahmad Mir (Erstes Viertel des 17. Jahrhunderts)

Ahmad Mir alias Ahmad Amir wird auch im Shigar Nāma erwähnt (Behrouz, S. 208f). Er hatte mehrere Söhne. Von den beiden wichtigsten dieser Söhne wuchs einer, Amir Khan, am Königshof in Shigar auf während der andere, Hatam Khan, sich in Khaplu aufhielt. Ahmad Mir teilte seinen Herrschaftsbereich auf und hinterließ Amir Khan die Herrschaft von Kiris, während er Hatam Khan den Ort Kuru vererbte. Zwischen Amir Khan und Hatam Khan bestand nach dem Antritt ihres Erbes große Feindschaft, was letztendlich dazu führte, dass Imam Quli Khan Truppen nach Kuru schickte, die Burg von Kuru eroberte und die Herrschaft über Kuru an Amir Khan übertrug.

Beide Brüder dienten danach einige Zeit Imam Quli Khan, dem Herrscher von Shigar, der ihnen hohe Ämter und eigene Erbschaften verlieh.

Amir (Khan) (2. Viertel bis 3. Viertel des 17. Jahrhunderts)

Siehe den Hauptartikel: Amir Khan (Herrscher von Kiris in Baltistan bzw. Klein-Tibet)

Amir Khan wird in den bekannten Herrscherlisten als Amir erwähnt. Er taucht an zahlreichen Stellen im Shigar Nāma auf und ist somit die zweite historisch fassbare Person, deren Herrschaft über Kiris durch eine historische Quelle belegt ist.
 
Amir Khan war ein Sohn von Ahmad Mir. Nach dessen Tod wurde Kiris an Amir Khan übertragen, während sein Bruder Hatam Kuru erbte. Amir Khan verdrängte aber mit der Hilfe von Imam Quli Khan seinen Bruder aus Kuru, so dass er die Alleinherrschaft über den traditionellen Herrschaftsbereich von Kiris ausübte. Amir Khan avancierte zum Wesir des mächtigen Imam Quli Khan von Shigar. In dieser Funktion nahm er an zahlreichen erfolgreichen Feldzügen teil. Nach der Eroberung von Khaplu wurde ihm für seine Verdienste von Imam Quli Khan die Stellung eines Emirs und die Vorherrschaft über Kharku zugesprochen. Sein Herrschaftsgebiet erstreckte sich somit zeitweilig von Kiris und Kuru unter Einschluss von Balghar und Daghoni bis Kharku. Nach dem Shigar Nāma starb Amir Khan in der Festung von Kharku (Behrouz, S. 209).

Hatam Khan (1. Hälfte bis 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts)

Hatam Khan wird in keiner der bekannten Listen der Herrscher von Kiris erwähnt. Er war der Bruder des vorstehend behandelten Amir Khan und erbte nach dem Tod seines Vaters Ahmad Mir die Herrschaft über Kuru. Bedingt durch Streitigkeiten mit seinem Bruder Amir Khan verlor er die Herrschaft über Kuru, blieb aber im Dienst von Imam Quli Khan, dem Herrscher von Shigar. In den Auseinandersetzungen zwischen Imam Quli Khan und Sher Khan verbündete er sich [nach 1678/79] offenbar nach dem Tod seines Bruder Amir Khan mit Sher Khan. Ein erster Versuch, die Burg von Kuru zu übernehmen, scheiterte am Widerstand des Burgvogts Mir Malik. Als dieser eine zeitlang von Kuru abwesend war, übergaben die Bewohner von Kuru, die zu Hatam Khan loyal waren, diesem und Sher Khan kampflos den Ort und die zugehörige Burg. Allerdings wurde die Burg und Kuru von den Truppen des Imam Quli Khan kurz danach wieder zurückerobert. Über das weitere Schicksal von Hatam Khan ist nichts bekannt.

Ali Khan

Ali Khan wird nur in den bekannten Herrscherlisten von Kiris erwähnt.

Mir Beg  (erwähnt 1723 und 1759, Tibetisch: Mir-bhig)

Mir Beg wird in einer Urkunde aus Ladakh unter dem Kurznamen Mir im Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen des Jahres 1723 erwähnt. Im Jahre 1722 hatte Azam Khan, König von Shigar, die Gebiete von Skardu, Rondu und Gilgit unter seine Gewalt gebracht und schickte sich an, Khaplu zu erobern. Aufgrund eines Hilfeersuchens des Herrschers von Khaplu marschierten im Januar/Februar 1723 Truppen aus Ladakh unter Führung von Tshülthrim Dorje (Tshul-khrims rdo-rje) nach Baltistan. Von Khaplu aus rückten die ladakhischen Truppen nach Kuru vor, welches samt seiner Festung eingenommen werden konnte. Um Kiris allerdings, das zuvor von Truppen aus Shigar eingenommen worden war, enstanden heftige Kämpfe, bei denen ein Sohn von Mir, des Herrschers von Kiris, getötet wurde. Die ladakhischen Truppen und ihre Verbündeten aus Baltistan nahmen die Festung von Kiris mit Mörsern unter Beschuß und konnten sie dadurch einnehmen, wobei Magmur Khan, der Kommandeur der Festung, gefangen genommen wurde. Zur Zeit der Morgendämmerung des folgenden Tages wurde das Truppenlager der Ladakhis von den vereinigten Truppen aus Skardu, Shigar, Rondu und Gilgit angegriffen.Tshülthrim Dorje organisierte einen Gegenangriff, mit dem die Gegner zurückgeschlagen werden konnten. Auf dem Schlachtfeld blieben viele Tote und Verwundete der Angreifer zurück, während der Rest in den Shayok-Fluss flüchtete. In den eiskalten Fluten fanden diese flüchtenden Krieger dann den Tod. Die Ladakhis eroberten die Pferde und die gesamte militärische Ausrüstung ihrer Feinde.

Mir Bheg wird auch mit dem Namen Mir-bhig in ladakhischen Urkunden im Zusammenhang mit dem Versuch von Mohammad Zafar Khan aus Skardu erwähnt, Shigar und Khaplu zu erobern. Diese Ereignisse datieren in das Jahr 1759. Mir Beg rebellierte gegen Khaplu und schloss sich dem Herrscher von Skardu an. Er errichtete Bergfestungen (Khardong, Tibetisch: mkhar-gdongs) in Kiris und Kuru und begann eine Rebellion. Ladakhische Truppen unter Nono Wanggyel (no-no dBang-rgyal) und Nono Ngawang (no-no Ngag-dbang) kamen Khaplu zu Hilfe und rückten bis Kuru und Kiris vor. Nach der Einnahme der Bergfestungen von Kuru und Kiris wurde Kiris besetzt. Unter Führung eines ladakhischen Kriegers names gangba Phüntshog (´gang-ba Phun-tshogs) drangen 15 Soldaten aus Ladakh unter Armbrustbeschuss in die Wohnburg von Kiris ein und eroberten diese. Mir Beg wurde damit besiegt und unterstellte sich wieder Khaplu.

Sultan (1734)

Dieser Herrscher wird in keiner Herrscherliste erwähnt. Im Zusammenhang mit einem siegreichen Feldzug ladakhischer Truppen gegen Zafar Khan, den Herrscher von Skardu, berichtet eine ladakhische Urkunde, dass nach dem Sieg Sultan im Jahre 1734/35 als Herrscher (Jo) über Kiris und Kuru eingesetzt wurde. Möglicherweise war die Regierungszeit von Sultan nicht von langer Dauer, denn für 1759 wird wiederum Mir Beg als Herrscher von Kiris aufgeführt.

Mirza Beg alias Mirza Khan

Mirza Beg wird nur in den bekannten Herrscherlisten von Kiris erwähnt. In die Herrschaftszeit von Mirza Beg fällt vermutlich ein kriegerisches Ereignis, das im Jahre 1785 stattfand. Kiris und Kuru wurden von Truppen aus Skardu und Shigar eingenommen, jedoch im gleichen Jahr wieder von Truppen aus Ladakh befreit.

Zufilkar Khan

Zulfikar Khan wird nur in den bekannten Herrscherlisten von Kiris erwähnt.In die Herrschaftszeit von Zufilkar Khan fällt vermutlich der Angriff des Jahres 1815 von Ahmad Shah aus Skardu gegen Kiris. 1815 unternahm Ahmad Shah einen erneuten militärischen Vorstoß gegen Khaplu und eroberte dabei zunächst Kiris. Eine Armee mit Soldaten aus Unter- und Oberladakh rückte in Kleintibet ein. Nono Tendzin (no-no bsTan-´dzin) marschierte mit 300 Mann bis Kiris, wo er die Festung belagerte. Als die ladakhischen Truppen die große Khanqa-Gebetshalle mit Mörsern unter Beschuß nahmen, unternahmen die moslemischen Soldaten der Festung einen Tagesausfall. Im folgenden Scharmützel tötete Nono Tendzin mit seinem Schwert einen der Angreifer und lies seine Leute zum Angriff ausschwärmen. Daraufhin flüchteten die moslemischen Soldaten in die Khanqa-Gebetshalle, womit sie gefangen waren. Ahmad Shah schloss daraufhin Frieden. Nono Tendzin setzte in Kiris und in Nar eigene Burgvogte ein, deren Herrschaft aber nur von kurzer Dauer war.

Yaqub Khan (1829)

Yaqub Khan wird in keiner der bekannten Listen der Herrscher von Kiris erwähnt. Er regierte nach Wade (S. 596) in Jahre 1829 und war offenbar von Ahmad Shah eingesetzt worden. Wade bezeichnet ihn als einen der Verwandten von Ahmad Shah.

Kuram Ali Khan (lebte im Jahre 1846)

Kuram Ali Khan war in Jahre 1846 der Informant Cunninghams im Hinblick auf die Genealogie der Fürsten von Kiris.

3. Khanqa-Gebetshalle und Astana-Grabmonument

Siehe die Hauptartikel Islamische Khanqa-Gebetshallen in Baltistan (Klein-TibetI) und Astana-Grabmonumente in Baltistan (Klein-Tibet)

Nach Klimburg (S. 154) findet sich in Kiris die bekannteste Khanqa-Gebetshalle von Baltistan. Erbaut wurde sie im Jahre 1706 von Hazrat Mir Mukhtar. Darüberhinaus ist Kiris wegen des Grabmonuments (Astana) des Erbauers, das sich in der Nähe der Gebetshalle befindet, ein bedeutender Wallfahrtsort.

Abbildung 8: Das Grabmonument  (Astana) von Hazrat Mir Mukhtar (Oktober 2007)

 

Abbildung 9: Die große Khanqa-Gebetshalle von Kiris (Oktober 2007)

 4. Der Ort und seine Bewohner

An die Khanqa-Gebetshalle schließen sich die Häuser der alten Dorfkerns von Kiris an. Kiris hat einen kleinen Basar, der im Unterschied zu den Geschäftsstraßen in Skardu und Khaplu nur regionale Bedeutung hat. Des Weiteren finden sich in Kiris mehrere Schulen. 

Abbildung 10: Alter Ortsteil von Kiris (Oktober 2007)

 

Abbildung 11: Der Basar von Kiris (Oktober 2007)

 

      

Abbildung 12: Raja Kuram Ali Khan, der jetzige Vertreter des Herrscherhauses von Kiris (Oktober 2007)

 

Abbildung 13: Ein Neffe des jetzigen Vertreters des Herrscherhauses (Oktober 2007)

 

Abbildung 14: Jungendlicher aus Kiris (Oktober 2007)

 

   

Abbildung 15: Spielende Schulkinder in Kiris (Oktober 2007)

 

Abbildung 16: Jugendliche auf dem Heimweg vom Schulbesuch in Kiris (Oktober 2007)

 5. Literatur

Banat Gul Afridi: Baltistan in History. Peshawar 1988
R. C. Arora: In the Land of Kashmir, Ladakh and Gilgit. Agra 1940
Khosrow Behrouz: Shigar Nâma. Eine persische Verschronik über die Geschichte Baltistans. Kritische Textausausgabe, Kommentar und Übersetzung. Unveröffentlichtes Manuskript aus den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts
Alexander Cunningham: Ladák. Physical, statistical, and historical; with notices of the surrounding countries. New Delhi 1977 (reprint)
Giotto Dainelli. Beitrag über eine Winterreise in Baltistan in: Filippo De Filippi: Storia della spedizione scientifica Italiana nel Himalaia Caracorum e Turchestan Cinese (1913-1914). Bologna 1923
Alexander Csoma de Körös: Geographical Notice of Tibet. The Journal of the Asiatic Society of Bengal. Vol. I. Calcutta 1932, S. 121-127
Jane E. Duncan: A Summer Ride through Western Tibet. London – Glasgow 1913
A. H. Francke: Antiquities of Indian Tibet. Part (Volume) II. The Chronicles of Ladakh and Minor Chronicles. Texts and Translations, with Notes and Maps. (Reprint) New Delhi 1972
Hashmatullah Khan: History of Baltistan. Lok Virsa Translation, Islamabad 1987. Das Original in Urdu wurde 1939 veröffentlicht
Sven Hedin: Southern Tibet. Discoveries in Former Times Compared with my own Researches in 1906-1908. Vol. VII. History od Exploration in the Kara-Korum Mountains. Stockholm 1922
Max Klimburg: Traditional Art and Architecture in Baltistan. In: Karakoram. Hidden Treasures in the Northern Areas of Pakistan. Edited by Stefano Bianca. The Aga Khan Trust for Culture 2005, S. 149-164
´Abdu-l Hamíd Láhorí: Bádsháh-náma. In: The History of India as Told by its Own Historians. The Muhammadan Period. The Posthumous Papers of the Late Sir H. H. Elliot. Edited and Continued by Professor John Dowson. Vol. VII. First Indian Edition. Allahabad 1964, S. 3-72
William Moorcroft and George Trebeck: Travels in India. Himalayan Provinces of Hindustan and the Panjab; in Ladakh and Kashmir; in Peshawar, Kabul, Kunduz and Bokhara; from 1819 to 1825. Prepared for the Press, from Original Journalsand Correspondence, by Horace Hayman Wilson. Two Volumes. London 1841
Dieter Schuh: Herrscherurkunden und Privaturkunden aus Westtibet (Ladakh), Halle 2008 (= Monumenta Tibetica Historica, Abteilung III. Diplomata, Epistolae et Leges, Band 11)
Dieter Schuh: Die Herrscher von Baltistan (Klein-Tibet) im Spiegel von Herrscherurkunden aus Ladakh. In: Chomolangma, Demawend und Kasbek. Festschrift für Roland Bielmeier zu seinem 65. Geburtstag. Band 1: Chomolangma, Halle 2008, S. 165-225
Thomas Thomson: Western Himalaya and Tibet; A Narrative of a Journey through the Mountains of Northern India during the Years 1847-8. London 1852
Godfrey Thomas Vigne: Travels in Kashmir, Ladakh, Iskardo. The Countries Adjoining the Mountain-Course of the Indus and the Himalaya North of the Punjab. Volume II, London 2005. Nachdruck der Ausgabe von 1842
C. M. Wade: Notes taken by Captain C. M. Wade, Political Agent at Ludiána, in 1829, relative to the Territory and Government of Iskárdoh, from Information given by Charágh Ali, an agent who was deputed to him in that year by Ahmad Sháh, the Gelpo or ruler of that country. The Journal of the Asiatic Society of Bengal, Vol. IV, January to December 1835, Calcutta 1835, S. 589-601

Autor: Dieter Schuh, 2010. Landkartennachweis: Ausschnitt aus "India and Pakistan" (Jammu and Kashmir) Ni-43-03. 1:250.000. Mundik. Alle anderen Abbildungen von Dieter Schuh

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